Grüß Gott, alle hier auf der Eichenthaler Homepage!
So feierten und feiern wir Kerweih!
Am 11. November ist Martinitag.
Und das ist ein ganz besonderer Tag
für mich und für alle meine Landsleute,
die aus Eichenthal stammen.
Am 11. November war nämlich das
Kirchweihfest ("Kerweih")
in Eichenthal!
Und es wurde auch vor mehr als
100 Jahren und besonders während
meiner Kindheit in den 1950-1960er
Jahren immer so schön gefeiert,
dass sogar mir noch jene Tage ganz
warm in Erinnerung geblieben sind,
obwohl ich bereits 1960 als sieben-
jähriges Kind mit Eltern, Bruder und
Schwester für immer nach Reschitz
und in 1971 nach Temeswar zog.
Meine Mutter erzählte mir ganz oft
und ganz viel über die weit zurück-
liegenden Kerweihfeiern in Eichenthal,
weil ich sie darüber geradezu aus-
quetschte. Ich spürte, dass sie sich
auch sehr gerne daran erinnerte.
Meine Mutter ist inzwischen mit
95 Jahren am 30.09.2022 in ihrer
Wohnung in Königsbrunn
bei Augsburg verstorben.
Die Kerweih in Eichenthal dauerte
ganze drei Tage lang (wie die
Hochzeiten im Märchen). Mit
allen Vorbereitungen zu diesem
Feiertag, wie Kuchen backen,
Gänse stopfen und schlachten,
Kerweihkleider vorbereiten, sich
"krechteln" (also schön machen)
etc., war Kerweih wahrscheinlich
ein zeitintensiveres, aufwändigeres
und lustigeres Fest als alle
anderen Feiertage im Dorf.
Am Vortag zum 11.11. wurde der
Kerweihbaum vorbereitet, also von
Kerweihmädeln schön "uffgeputzt",
mit farbigen Bändern, mit Flasche
und Kopftuch, und danach von den
Kerweihbuben in der Dorfmitte
aufgestellt. Der Baum war riesig
hoch - mehr als 17 Meter hoch.
Sogar der Schafsbock, der kurz vor
der Kerweih in einem rumänischen
Nachbarsdorf gekauft worden war,
wurde mit schönen Bändern
"uffgeputzt", d.h. man band ihm
Mascherl in seine Zottel, damit er
am Kerweihnachmittag dem
Gewinner vom "Kegelscheiwle",
also beim Kegeln, mit Kerwei-Blas-
musik und lustiger Gefolgschaft
heim gebracht werden konnte.
Der Kerweihbock wurde "heim gespielt"
und die Gastgeberin durfte allen Gästen
und Begleitern Kuchen und Schnaps
oder Wein antragen. Einmal war sogar
mein Vater der Gewinner des Schafs-
bocks. Mein Vater konnte nämlich
sehr gut Kegel scheiwle (d.h. kegeln).
Ich, seine Tochter, bin darin eine Null!
Am Kerweihtag ging's am Vormittag
in die Kirche, allen voran die groß-
artige Eichenthaler Blasmusik, dann
die vielen festlich gekleideten Kerweih-
paare und alle Dorfleute,
mit Kind und Kegel.
Unter den Kerweihpaaren - hier
darunter - auch mein Vater,
der für solche Feierlichkeiten
immer zu begeistern war und auch
die anderen dafür mitreißen und
begeistern konnte.
Am Nachmittag ging's zum Wirts-
haus mit dem großen Tanzsaal.
Gegenüber vom Wirtshaus stand
auch ein großes "Ringelspiel" für
uns Kinder, dann allerlei Stände
mit Süßigkeiten und kleinen witzigen
Spielsachen.
Ich kann mich noch ganz gut an
kleine bunte Bälle und Tonvögel
mit ihren bunten Federn erinnern,
die an einem langen Gummiband
befestigt waren, damit wir sie
stundenlang rauf und runter
wippen konnten.
Abends und bis spät in die Nacht
hinein und auch am dritten Tag
wurde im Tanzsaal getanzt und
gefeiert, was das Zeug hielt.
Zum Abschluss des Festes wurde
der Kerweihstrauß "verletzetiert"
(versteigert) und das Kerweihtuch
(Tichl) und die -flasche gewonnen.
Und was machten wir Kinder,
während die Eltern die Nacht
durchtanzten? Also, wir waren
vom vielen Spielen tagsüber auf
dem "Rummelplatz" und vom
abendlichen "Tanzen" und Herum-
springen im Tanzsaal schon so
müde, dass wir daheim todmüde
ins Bett fielen. So bemerkten wir
auch nicht, dass unser Vater - wir
nannten ihn immer liebevoll "Tata"
- sehr oft zu uns nach Hause flitzte
und sich vergewisserte, dass wir
seelenruhig und zufrieden
schliefen.
Ach, ich könnte hier n och s o viel
erzählen, aber das würde einige
nur langweilen. Auf jeden Fall,
werde ich diesen Eichenthaler
Feiertag nie vergessen!
Traditionsgemäß essen wir auch
heute noch zu Martini, also zu
jedem 11.11. entweder Gänse-
oder Entenbraten.
Auch besuchten wir jedes Jahr zu
"unserer" Kerweih meine Mutter in
Königsbrunn, die uns dann immer
wieder darüber erzählen musste.
Das war jedes Mal sooo gemütlich!
Und die Eichenthaler Kerweih
wurde jedes zweite Jahr hier in
Deutschland, in Bäumenheim bei
Donauwörth, bei unseren Heimat-
treffen im September vorgefeiert,
oder aber mit den Bäumenheimern
dann gemeinsam gefeiert.
Zuletzt waren wir selbstverständ-
lich am 2. Oktober 2010 bei der
"Eichenthaler" Kerweih auch mit
dabei. Auf dem Foto - gleich da-
runter - bin ich mit einem ehe-
maligen Eichenthaler Klassen-
kameraden, dem Jakob, und mit
seiner süßen Enkelin zu sehen.
Natürlich gab er mir auch sein
Einverständnis, dieses Foto mit
dem wunderschönen Rosmarin-
Kerweihstrauß hier öffentlich
zu zeigen. Danke.
Es war, alles in allem, fast wie
in alten Zeiten. Schade nur, dass
immer weniger Landsleute bei
unseren Kerweih-Treffen
dabei sein können!
Aber noch trauriger ist die
Tatsache, dass es nach 2010
überhaupt keine Kerweihfeier
mehr für uns Eichenthaler gab,
weder in Asbach-Bäumenheim
noch sonst wo.
Am 11.11.2019, waren es bereits
125 Jahre, seit unser Eichenthal
in 1894 gegründet wurde und wir
jedes Jahr dort unsere schöne
Kerweih hätten feiern können.
Nur leider hat sich seither Vieles
geändert:
Eichenthal gibt es als banat-
schwäbisches Dorf seit Ende der
1970er Jahre nicht mehr. Es ist
seither von einer ruthenischen
(ukrainischen) Bevölkerung
besiedelt worden und heißt jetzt
nur noch Salbagelu-Nou.
Und wir, seine ehemals banat-
schwäbischen Bewohner, leben
in der ganzen Welt verstreut.
Und zu aller Trauer hat unsere
HOG hier in Deutschland auch
seit 2010 aufgehört zu "leben".
Trotzdem PROSIT auf die
125 Jahre Eichenthal!
Es grüßt Euch alle,
Annala,
heute, am 4. Mai 2012
aktualisiert heute, am 11.11.2019
aktualisiert heute, am 11.11.2022
Feiert immer schön!