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 Die Deutschböhmen in Eichenthal

Wer waren die Deutschböhmen? Woher kamen sie? 
Wie lebten sie in Eichenthal? Waren sie da willkommen?

(Übrigens, beim Anklicken der unterstrichenen Bezeichnungen 
könnt Ihr Euch die Erklärungen dazu in Wikipedia angucken.
Und durch einen Klick auf die Rückwärtstaste ← ,
 kommt Ihr wieder zurück auf diese Homepage)

Die Geschichte der Deutschböhmen wird ausführlich und
bis ins kleinste Detail in den beiden Heimatbüchern über
Wolfsberg und die Deutschböhmen beschrieben, und zwar in:
"Die Deutschböhmen im Banate" (eine alte Ausgabe aus 1938 des
Pfarrers Josef Schmidt, in gotischer Schrift), sowie das aktuelle
"Wolfsberger Heimatbuch" (Verfasser Franz Mayer und andere):

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg, also um 1918, kamen 85
sudetendeutsche Böhmen aus Dörfern des Banater Berglandes
nach Eichenthal. Sie kamen aus den Banater Bergdörfern
Wolfsberg, Weidenthal, Slatina, Sadowa und Lindenfeld.

Ursprünglich stammten die Deutschböhmen aus dem Böhmerwald,
aber auch aus dem Bayerischen Wald, aus der Oberpfalz, aus
Böhmen, Mähren, der Slowakei und besiedelten 1827 – 1828
als Waldbauern das Banater Bergland südlich von Reschitz
am Fuße des Semenic-Gebirges im Banat.

Das bekannteste und größte Bergdorf im Banater Bergland,
Wolfsberg, wurde 1828 von Siedlern aus dem Böhmerwald
(und zum Teil auch aus dem Bayerischen Wald) gegründet.



Mein erster Vorfahre mütterlicherseits, der Josef Wosnek,
wurde genau im ersten Jahre der Besiedlung Wolfsbergs geboren.
Seine Eltern, der Johann Wosnek (geb. 1802) und seine Frau,
die Theres (geb. 1803), stammen aus dem böhmischen Dorf
Haidl im Kreis Klattau (bei Prag) und hatten es sowohl in ihrem
böhmischen Auswanderungsort als auch in dem rauen Banater
Gebirgsdorf auf dem 1.000 Meter hoch gelegenen Bergkamm
 der Banater Berge ganz bestimmt nicht leicht.

 Ich erwähne hier ihre Geschichte, da sie bestimmt beispielhaft
für die Geschichte der weiteren ca. 500 Familien aus Böhmen ist,
die sich im Jahre 1928 auf den Weg nach Wien machten,
um von dort ins südöstlich gelegene Banat zu ziehen, immer
hoffend, dort eine neue bessere Zukunft für sich und
 ihre Nachkommen zu finden.

Da das Banat durch die Türkenkriege entvölkert war und sich
die k.u.k. Monarchie unter Maria Theresia dort neues Leben und
wirtschaftlichen Aufschwung erhoffte, versprach die Monarchin
den Ansiedlern Grundbesitz und Steuerfreiheit, wenn sie sich in
diesen entvölkerten und zerstörten Teilen ihrer Monarchie
 niederließen und zu deren Aufschwung beitrugen.

Aber was erwartete die Neuankömmlinge in den dichten
Gebirgswäldern der Banater Berge, dort oben fast auf dem Gipfel
des Semenik-Gebirges? Außer Urwald, gesunder Luft, reinem
Quellwasser, unzähligen wilden Tieren und Fischen: NICHTS!
Selbst die ersten Hausplätze mussten sie sich auf dem
Bergkamm freiroden, dann die ersten kleinen Holzhäuser bauen
und ihre Familie durch den langen harten Winter bringen.
Sie mussten in den Holzschlag, ihre kleinen, auf steilen Hängen
liegenden Felder bestellen und in der entfernten Stadt
Reschitz (Reșița) in der Schwerindustrie (Gießerei) arbeiten. 

 
Foto: "Wolfsberger Heimatbuch. Ein Weg nach Wolfsberg"
von Franz Mayer, Seite 58.

Guckt Euch vielleicht mal das "Schuhwerk" dieser Waldarbeiter an.
Es sind robuste, feste und trotzdem leichte "Patschker", die diese
Bergbauern trugen, um ihre harte Arbeit auf den steilen und
gefährlichen Berghängen  mit trockenen Füßen erledigen zu können.

Und mit dem hellen Hemd und dem breitkrempigen Hut sehen die
Männer ganz fesch aus, wären da nicht ihre Werkzeuge (Beil und
Säge) sowie der dicke Wasserkrug, die ganz schnell auf ihre
schweißtreibende Knochenarbeit im Wald schließen lassen.

Mit einer "Krax'n" oder "Kirm", einer Art geflochtenem Korb
auf dem Rücken, typisch für alle Berglandböhmen, transportierten
sie recht schweres Gewicht - egal ob Lebensmittel oder Geerntetes
vom Feld, egal ob Milcherzeugnisse (Butter, Rahm und Milch),
ob Früchte (Heidelbeeren, Brombeeren, Äpfel) oder Gemüse,
wie zum Beispiel ihre schmackhaften Erdäpfel (das ist das
böhmische und auch österreichische Wort für die Kartoffel)
- über die steilen Berghänge bis hinunter ins Dorf oder gar
 bis auf den Markt in die recht weit entfernte Stadt Reschitz.

Die ehemaligen Weber aus Böhmen waren die harte Arbeit im
Holzschlag nicht gewöhnt, die nur sehr karge Starthilfe
(ein Pflug, eine Säge, eine Kuh, ein Wagen und für jeweils zwei
Nachbarhäuser ein Paar Zugochsen) führte kaum zu einer
guten Ernte, so dass die Ansiedler immer unzufriedener und
 verzweifelter wurden.

 

Erst mit den Jahren und dank des Fleißes der Dorfbewohner
ging es irgendwann leicht spürbar bergauf im Leben der
Deutschböhmen in den Bergdörfern am Fuße des Semenik-
 gebirges. 

 

Doch das Leben war ungewohnt hart und es gab kaum,
Chancen, der Armut zu entkommen. Es kam der große
große Weltkrieg, und in der weiten und flachen Banater
Ebene blieben danach viele Häuser leer.
 So auch im banatschwäbischen Eichenthal. 

Und dorthin, nach Eichenthal, gegründet erst 1984 als
sogenanntes 'Binnendorf' von Zuwanderern aus anderen
 bereits existenten banatschwäbischen Orten, und das
 in 1912 seine höchste Einwohnerzahl (499) aller Zeiten 
erreichte, jedoch nach dem Ersten Weltkrieg auf weit 
weniger als 400 Einwohner schrumpfte, zogen ab 1918 
genau 85 Deutschböhmen aus dem Banater Bergland
und wurden in Eichenthal sesshaft, mit der großen
Hoffnung, es hier endlich geschafft zu haben:
aus Wolfsberg kamen 61 Personen, aus Slatina 14,
 aus Weidenthal 6, aus Sadova 2 und aus Lindenfeld 2.

Auch meine Großeltern mütterlicherseits, der Peter
 Wosnek und meine Oma, die Hebamme Aloisia,

eine geborene Esterl, verließen Wolfsberg mit ihren
ersten 2 Kindern und wurden in Eichenthal, in der 
"Vorderschgass" (vorderen Gasse) ansässig. Ihre
 weiteren drei Kinder, meine Vroni-Tante (geb.1926),

meine Mutter (geb.1927) und ihr kleinerer Bruder, 
der Karl, wurden bereits in Eichenthal geboren.

Unter den böhmischen Familien, die in Eichenthal
ihr neues Zuhause fanden, waren auch die Familien
Altmann, Bohmann, Fischer, Liegl, Pfaffl, Sutter,
Wosnek (in der 'Vorderschgass'), Adam, Esterl,
Schestak (in der 'Hinnerschgass'), Hrach, Köstner,
 und Peschka (in der 'Mitterschgass').

Und das hier ist meine Mutter, eine Böhmin, die immer
gerne in Eichenthal wohnte und lebte, bis sie auch
von dort weg ziehen musste: meine Oma erst in
den 1970er Jahren, meine Mutter bereits in 1960.
Meine Großväter sind aber alle im Eichenthaler
 Friedhof zurück geblieben.

 

Wie ging es den böhmischen Familien in Eichenthal?

Seit der Ansiedlung der Deutschen wurde in Eichenthal
"schwowisch" also banatschwäbisch gesprochen. Diese
Mundart hatte anfangs diverse Schattierungen, je nach
 dem Herkunftsort der Zuwanderer. Nach knapp 30 Jahren 

setzte sich letztendlich die Mundart des aus Setschan 
stammenden Gastwirtes Adam Rettinger durch. Und das,
dank der guten Frequentierung seines Wirtshauses, wo 
man sich oft traf und rege Neuigkeiten austauschte.
 Und jenes "Schwowisch" sprechen wir auch heute noch. 

Die nach dem Ersten Weltkrieg zugezogenen böhmischen
Familien sprachen zu Hause und im Freundeskreis ihren
eigenen, also den "böhmischen" Dialekt; nur die Jüngeren
übernahmen schnell die „schwäbische“ Mundart der
Eichenthaler als Umgangssprache im Dorf. Aber zuhause
in der Familie sprachen sie selbstverständlich weiterhin
die böhmische Muttersprache. Böhmisch klingt heute
 fast so wie der Dialekt, den hier in Deutschland die 

Oberbayrer sprechen. Viele ehemalige Wolfsberger 
leben heutzutage auch hier in der Gegend um Traunstein,
 Waldkraiburg und dem Chiemsee und sprechen hier ganz 
problemlos ihre alte böhmische Muttersprache, ohne dass
 man sofort den Unterschied zwischen ihrer Muttersprache
 und die der hiesigen Bevölkerung heraushört.

Leider haben wir drei Geschwister nie Böhmisch sprechen
gelernt, da die Oma nicht bei uns im Hause lebte und meine
Mutter, ähnlich wie viele andere Eichenthaler/innen, eine
"Mischehe" mit einem "Schwaben" eingegangen war.
Und dann wurde daheim meistens Schwowisch, also
 unser Eichenthaler "Schwäbisch", gesprochen.

Nur ganz wenige Ansiedler in Eichenthal waren ungarischen
oder rumänischen Ursprungs. Auch sie sprachen ganz
schnell das Eichenthaler "Schwäbisch", was natürlich
bis in die 1940er Jahre auch zur Vereinheitlichung
 unserer Eichenthaler "schwowischen" Sprache beitrug.

Auch die Kleidung der Eichenthaler vereinheitlichte sich
mit der Zeit. Die älteren Landsleute, egal ob Schwaben
oder Böhmen, blieben bis zuletzt ihrer alten Tracht
 treu und kleideten sich alltäglich auch so.

So auch meine Oma, die Wosnek Aloisia, geborene
 Esterl, geboren in Wolfsberg. Ich sehe sie auch heute 
noch vor meinen Augen, wie sie in ihrem langen, weiten 
Rock um ihren schlanken Körper flink durchs Dorf lief, wenn
jemand sie als Hebamme oder Trösterin ganz dringend
benötigte. Und das tat sie noch im fortgeschrittenen
Alter, als ihr Augenlicht stark nachließ und sie kaum noch
sehen konnte. Und abends, wenn es im Dorf bereits dunkel
zu werden begann, ließ sie sich vom treuen Haus- und
Hofhund, dem Florea, sicher nach Hause begleiten.
 Und das war sie, meine Oma, die "Bessl Lois":


 

Die jüngeren böhmischen Eichenthaler kleideten sich
nach dem Zweiten Weltkrieg sowieso nur noch "herrisch"
so wie alle Schwaben des Dorfes. Aber jeder Eichenthaler,
ob jung oder alt, ob Frau oder Mann, ob Schwabe oder
Böhme, trug stolz seine alte wunderschöne Tracht,
sobald es um Trachtenball oder Trachtenaufmarsch
 bei den dörflichen Kerweihfesten ging.

Unsere böhmischen Landsleute brachten von Anfang an,
dank ihrer Sprache und ihrer kulturellen Besonderheiten,
viel Neues in das Leben der Eichenthaler Schwaben.
Sie waren eine wahre Bereicherung für das kleine Dorf,
sie waren großartige Musiker und Handwerker, sie waren
fleißig und immer "mit von der Partie"; sie teilten das
Leben aller im Dorf; man unterstützte sich gegenseitig,
man feierte und trauerte gemeinsam; sie führten kein
abgeschottetes Leben, sondern waren immer mittendrin
 unter uns allen.

Die Eichenthaler bildeten immer eine Gemeinschaft aller,
in guten und in weniger guten Zeiten. Und so ist das bis
 heute geblieben, wenn sich alle Landsleute hier im 

bayerischen Bäumenheim treffen: es wird gemeinsam 
gefeiert und gemeinsam aller unserer bereits verstorbenen
 Eichenthaler Landsleuten gedacht.

Und das ist typisch für uns Eichenthaler:
Wir sind anderen gegenüber immer tolerant gewesen
und auch geblieben!

 Es griaßt Eich alli mitnand

tes Annala,

heut, am 16. Mai 2013

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Meine Daten (Text und Fotos) stammen aus folgenden Quellen:

1. aus meinem eigenen recherchierten und erstellten Beitrag über Eichenthal in WIKIPEDIA
abrufbar über diesen Link: http://de.wikipedia.org/wiki/S%C4%83lb%C4%83gelu_Nou 

2. aus den Erinnerungen und Erzählungen meiner Mutter

3. aus dem "Eichenthaler Heimatbuch" von Anton Petri

4. aus dem "Wolfsberger Heimatbuch " von Franz Meyer

5. Die "Geschichte von Wolfsberg" von esterl.es

6. aus dem Heimatbuch "Die Deutschböhmen im Banate" von Pfarrer Josef Schmidt
 

Fotos, die nicht aus dem eigenen Familienalbum meiner Mutter
stammen, wurden mir von Eichenthaler Landsleuten zugesandt,
mit der Erlaubnis, sie hier nutzen zu dürfen, wofür ich äußerst
 dankbar bin. 

Weitere Fotos über meine böhmischen Landsleute könnt Ihr
auf der Seite FOTOS unter dem Titel "böhmische Landsleute"
sehen. Diese Fotos erhielt ich dankbar und erfreulicherweise
 von meinen böhmischen Landsleuten, der Eva B., der Vroni K., 

dem Jergl Sch. und dem Erwin R.

Sollte jedoch jemand ein weiteres Foto auf dieser Seite entdeckt
haben, das ihm gehört, es hier aber nicht sehen will, dann solle
 er mich bitte informieren, damit ich es entferne. Ich habe Fotos

lediglich zur Information eingefügt, damit man sich das hier
 Beschriebene leichter auch bildlich vorstellen kann. Danke. 

Ein ganz herzliches Vergelt's Gott, Ihr Lieben,

  sagt Euch allen
Euer Annala,
 heute, am 16.05.2013
 

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